Lehmexpress
November
2015 und 2016
Wenn ich ganz ehrlich zu mir sein
soll, bin ich dieses Jahr echt überrascht.
Die Entwicklung der Gruppen nimmt
rapide zu und die Zusammenarbeit
mit Universitäten ist wohl
ein Beweis dass der LEHMEXPRESS
eine angesehene und gefragte Sache
in den letzten 20 Jahren geworden
ist. Jawohl, wir feiern in diesem
Jahr 20 Jahre LEHMEXPRESS und
10 Jahre das Rendezvous de la Musique.
Die
wohl bemerkenswerteste Veränderung
ist mein Austritt aus dem Verein
DINDUM e.V. Kultur- Kommunikation.
Wie ihr euch vorstellen könnt
muss schon einiges geschehen, wenn
man seinen eigenen Verein nach mehreren
Jahren als Vorsitzender verlässt.
Ich gehe da nicht näher darauf
ein sondern konzentriere mich seitdem
auf die Gründung einer Schule
für die Ausbildung in der
Sanierung und Dokumentation der
historischen marokkanischen Lehmarchitektur.
Auch werde ich in diesem Jahr einen
Brief an den König schreiben,
um die Missverhältnisse der
Kommunen und Behörden im Anbetracht
einer gemeinsamen Zusammenarbeit
um Hilfe zu bitten. Die Ergebnisse
unserer Aktivitäten sind so
miserabel, das mir oft die Lust
dieses Projekt weiter zu führen,
abhanden kommt. Doch das soll nicht
sein, denn die Ergebnisse für
die Teilnehmer sind mir nach wie
vor das Wichtigste an dem ganzen
Projekt.
Die einschneidende Veränderung
hier in der Familie vor Ort ist,
das Gaelle und Aziz mit ihren Kindern
nach Frankreich zurückgehen.
Der plötzlich Abbruch der Caravan-
Touristen lässt ihnen keinen
Spielraum. Circa 60-70% Rückgang
kann man nicht so einfach verdauen.
Die Anschläge in Paris und
Belgien haben ihre Wirkungen auf
die Region. Die Jugend wird nachrücken
und die Plätze einnehmen.
Uni Stuttgart, ILEK unter der
Leitung von M. Sc. Herrn Georgi
Georgiev
Am 12.11.2015 wurde ich nach Stuttgart
zu einem Vortrag über unsere
Lehmbauschule in Marokko in das
wunderschöne Gebäude von
Architekt
Frei Otto
eingeladen.
Das Ergebnis war eine Reise durch
Marokko mit 22 Studenten plus Lehrpersonal
für eine Woche. Unter anderem
stand ein Besuch der Lehmbauschule
in der Kasbah Caid Ali al Jadida
an. Nach der Besichtigung der Villa
Janna in Marrakesch und
des Jardin
Majorell ging es mit dem
Bus über die Kasbah
Telouet nach Asslim zur
Familie Ait el Caid.
In den folgenden Tagen ging es an
das theoretische sowie praktische
Arbeiten mit Lehm. Der Grundkurs
Was ist Lehm und sowie
alle praktischen Arbeiten wurden
vermittelt. Die Gruppe wurde in
drei Teile geteilt und die drei
Hauptbauweisen in Marokko wurden
somit jedem vermittelt. Im Labor
wurden ständig Versuche und
Tests gemacht und den anderen täglich
präsentiert.
Auf dem Rückweg machten wir
noch einen Abstecher nach Ouarzazate
in die Organisation CERCAS und unter
der Führung von Herrn Dr. Mohamad
Boussalh gab es eine Besichtigung
der Restaurierungsarbeiten die im
Moment im vollen Gange sind. http://docplayer.org/6729533-Vorwort-bern-im-maerz-2011.html
Ein Teil ist ja schon viele Jahre
Ziel meiner Besichtigungen im Lehmexpress.
Vor 20 Jahren ist ein Teil zu einem
Museum umgebaut worden. Es ist auch
der Sitz der CERCAS dort. Über
diesen Kontakt bin überhaupt
zu dem Projekt gestoßen.
Kasbah
Taourirt in Ouarzazate
Ouarzazate-un-paysage
Gruppe
Uni Wien
So, nun zu den Ereignissen 2016.
Die erste Gruppe besuchte uns vom
22.2. bis zum 26.02.2016
20 Studenten um Frau Prof. Dr. Andrea
Rieger- Jandl mit schulischer Begleitung
kamen nach einer Rundreise bei uns
vorbei und wir machten direkt einen
Besuch in Tamnougalt und anschließend
ging es in die Lehmschule mit tatkräftigen
Menschen, die lernen wollten. Vier
Tage gab es Einweisung theoretischer
und praktischer Art in die Lehmbaukunst
der Berber. Ich hoffe dass es allen
hier gefallen hat und wünsche
mir in Zukunft mehr Zeit für
eine intensivere Auseinandersetzung.
Zwei der Studentinnen sind dann
auch für die erste Gruppe geblieben.
Gruppe 1 für Studenten
Vom 28.02. bis zum 12.03.2016 war
wie im letzten Jahr eine Gruppe
Studenten der KISS aus der Uni Stuttgart
mit dabei. Frau Mandana Alimardani
ist nach Ägypten gegangen doch
ihr Kollege Martin Häckl übernahm
die Funktion von ihr. In diesem
Jahr haben wir mit dieser Gruppe
von 15 Studenten eine Testserie
mit örtlichen Zuschlagsstoffen
gemacht. Näheres findet ihr
auf dem angehängten PDF hier.
Mit noch fünf weiteren Studenten
hatten wir eine ordentliche Gruppe
zusammen. Stampflehm und Putze an
allen möglichen Wänden
und Orten waren Programm. Am letzten
Tag haben wir die große Außenmauer
in 3,5 Stunden gemeinsam verputzt
und die Baustelle wurde bis zur
Mittagspause gereinigt. Zum Abschluss
gab es wie bei jeder Gruppe Ahwachmusik.
Auch gab es eine kleine Tadelaktarbeit
die ihr hier auf den PDF ansehen
könnt.
Gruppe
2
Vom 13.03. bis 27.03.2016 kam eine
kleinere 14-köpfige Gruppe
Teilnehmer aus Deutschland, Schweiz,
Argentinien und Griechenland. Dabei
waren zwei Kinder mit Vater, Mutter
und Oma. Sie wollen in Argentinien
mit Lehm bauen und sahen hier das
Projekt als eine Lehrstudie an.
Die meisten Teilnehmer kamen aus
ganz unterschiedlichen Berufen,
die mit Lehm und Bau wenig zu tun
hatten. Doch wie die Vergangenheit
zeigt ist das gar nicht so notwendig.
Viele Dinge gehen automatisch und
wir können ja hier alles noch
einmal machen wenn es nicht gefällt
oder statisch nicht taugt. Doch
merken wir oft, dass uns manchmal
die körperlichen Grenzen ein
Schnippchen schlagen. Die wünsche
ich mir von den zukünftigen
Teilnehmern dieser Gruppe berücksichtigt.
Wir haben die Stampflehmwand oben
auf der Dachterrasse weiter fertiggestellt,
den Badehausturm innen sowie außen
verputzt und die Vorarbeiten für
die Oberputze im Innenhof fertiggestellt.
Hier meinen Dank an alle Helfer!
Jade
Uni Oldenburg
Vom 30.März bis zum 10.April
2016 kamen 15 Studenten um Professor
Peter Fank und den Architekten und
Lehmbauer Florian Schick der Jade
Universität aus Oldenburg zum
zunächst organisierten Workshop
im Agadir von Assa im Antiatlas.
Zum Beginn wurde das Rendezvous
de la Musique Festival in der
Kasbah Caid Ali al Jadida mit vielen
Musiker-Gruppen aus der Region angeschaut
sowie eine Führung in der Ksar
Tamnougalt gemacht. Da die Organisatoren
in Assa ihren Streit/Zwist nicht
legen konnten, mussten wir den Workshop
in unserem gewohnten Rahmen in der
Kasbah Caid Ali al Jadida stattfinden
lassen. Wir hatten dann natürlich
keine Beteiligung der Bürger
in Assa, doch für eine solide
Ausbildung ist unsere Schule natürlich
besser geeignet als ein riesiger
Haufen zusammen gefallener Lehmmauern.
Wir machten unser Kursprogramm Was
ist Lehm und stampften Wände
und verputzten diese. Der kleine
neu gewonnen Innenhof wird so langsam
ein Zentrum für die Ahwach
Abende, die ja nach jedem Workshop
hier stattfinden.
Am
Ende ging es mit dem Bus über
Zagora und Tata nach Assa wo wir
uns mit dem Dorfverein zu einer
Besichtigung des Agadirs und einer
traditionellen Teezeremonie im Dorfgemeinschaftshaus
trafen. Somit konnten sich die Studenten
auch vor Ort praktisch ein Bild
von einem traditionellen Agadir
machen.
Danach fuhren wir nach Agadir in
ein Hotel. Samstag hatten wir ein
Treffen in der Universität
Ibn Zohr mit dem Dekan der Fakultät
Herrn Professor Ahmed Bellkadi und
Herrn Prof. Anir Boyakobi. Die Unis
wollen ein gemeinsames Projekt in
Form eines internationalen Studentenaustausches
planen und organisieren. Wir sind
in dieser Konstellation die Vermittler
unserer Beziehungen und organisieren
die Projekte. Somit sind wir wieder
einen Schritt weiter gekommen im
Sinne Kommunikation der Kulturen
und die Kultur der Kommunikation.
Die Zeit wird es zeigen was sich
daraus entwickelt.
Uni
Siegen
Vom Sa 21.05. bis zum Sa 28.05.2016
kam Besuch von 18 Studenten mit
M. Sc. Stephanie Grümer und
M. Eng. Patrizia Horst im Auftrag
von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker
aus der Uni
Siegen.
Es sollte eine kurze Reise werden.
Und das unter extremen Temperaturen,
die vor allem die Arbeit in der
Kasbah Caid Ali sehr unerträglich
machte. Zusätzlich kamen Probleme
durch die Unmengen an Wassermelonen,
die nicht jeder vertrug. Wir begannen
mit dem Jardin Majorell in Marrakesch
und einer Besichtigung des Königspalastes
(Bahia Palast) und der Saaidengräber
in Marrakesch.
Am nächsten Tag fuhren wir
mit dem Bus in den Südhang
des Atlas nach Telouet, um dort
lecker zu Essen und eine Besichtigung
der wohl schönsten dekorierten
Kasbah in Südmarokko zu machen.
Nach einem kurzen Durchlauf in das
Weltkulturerbe Ait Ben Haddou führen
wir in die Kasbah nach Asslim, um
dort unser Bett zu beziehen. Die
darauffolgenden drei Tage nutzten
wir für eine Einweisung in
die Erdarchitektur Marokkos und
schauten uns auch die Lehmstadt
Tamnougalt genauer an.
Dann ging es schon wieder zurück
nach Marrakesch, um dort abends
gemeinsam zu essen und dann das
Nachtleben in dieser wunderschönen
Stadt zu genießen.
Am nächsten Morgen ging es
zum Flughafen, um die Rückreise
anzutreten.
Fazit
Ja, insgesamt 117 Menschen an 66
Tagen jeglichen Alters und Geschlechts,
Kinder, ältere Menschen sowie
Studenten und Selbstständige,
Professoren und Architekten in unser
Projekt LEHMEXPRESS einzubinden
ist schon ganz schön großartig.
Ich vermute, wir sind einer der
größten Ausbildungsbetriebe
in Deutschland und Marokko. Und
dazu eines der ältesten. Denn
wir haben 20-jähriges Jubiläum
gefeiert.
Ich bin voller Zufriedenheit und
werde meinen neuen Traum, den Bau
einer Schule für die Dokumentation
und Ausbildung zur Restauration
jetzt mit aller Kraft vorantreiben.
Ich habe mir dieses Ziel für
die Zukunft als Schwerpunkt gesetzt,
da der Erhalt der Kasbah sichergestellt
ist. Jeder, und wirklich Jeder der
Mut und Kraft hat mitzuhelfen, ist
hiermit herzlich eingeladen.
Im nächsten Jahr werden wir
wieder künstlerisch tätig
werden. Mit Farben und Entwürfen.
Mit Pigmenten und Schablonen, Kalk
und Kasein, Milch und Gelee Royal.
Gefragt wird Kreativität und
Einfühlsamkeit, Spontanität
und Impulsivität, Kunst und
Kultur.
Manfred Fahnert
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